Missstände in der Ernährungsindustrie sind nicht länger hinnehmbar

Die aktuellen Zustände in der Fleischindustrie führen immer wieder zu Corona-Hotspots mit hohen Infektionszahlen unter den Beschäftigten. Das Geschäftsmodell muss sich massiv ändern.

Foto: Susie Knoll / SPD

Prekäre Arbeitsverhältnisse, die dürftige Unterbringung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und die mangelnde Einhaltung von Hygienestandards in der Ernährungswirtschaft sind schon lange ein Problem. Jetzt in der Corona-Krise werden sie wie unter einem Brennglas sichtbar – und durch das lebensbedrohliche Virus akut! Die Zustände sind nicht länger hinnehmbar.

SPD und Gewerkschaften mahnen die dringend nötigen Veränderungen schon lange an. Jetzt zeigen sich die Konsequenzen der Verhinderungspolitik von Union und Lobby: Undurchsichtige Werkvertragsstrukturen und Vermietungsgeflechte in Sammelunterkünften
machen Kontrollen fast unmöglich. Kein Tag vergeht ohne neue Infektionen in der Fleischindustrie – auch in Bayern.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat ein überzeugendes Konzept vorgelegt, hinter dem auch die SPD-Bundestagsfraktion steht. Wir brauchen klare Strukturen, wer die Verantwortung für die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer trägt – und daneben auch für faire Löhne, ordentliche Arbeitsbedingungen und würdige Unterbringung. Es darf nicht länger einen Vertragsdschungel geben, in dem sich Leiharbeitsfirmen
gegenseitig die Verantwortung hin- und herschieben. Die Einschränkung von Werkverträgen und die Begrenzung des Subunternehmertums in der Branche ist überfällig. Hygienevorgaben und Arbeitsschutz, aber auch die Einhaltung von Arbeitszeiten müssen in Zukunft wirksam kontrolliert und wo nötig hart sanktioniert werden.

Es gibt einen Zusammenhang von Unterbringung der Beschäftigten in Sammelunterkünften und der starken Ausbreitung des Corona-Virus in der Fleischbranche – das ist unbestritten. Die massive Reduzierung der Belegung in den Unterkünften ist deshalb für den Gesundheitsschutz und für die Pandemiebekämpfung essentiell. Zwei Personen pro Wohneinheit maximal – das muss der Standard sein.

Die Maßnahmen müssen auch für die Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft gelten, wo Ähnliches droht wie jetzt bei der Fleischverarbeitung. Die Betriebe in den entsprechenden Branchen sollten alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer regelmäßig und auf eigene Kosten auf COVID-19 testen – die möglichen Folgen von spät oder nicht erkannten Infektionsherden sind schließlich immens für die gesamte betroffene Region. CDU und CSU müssen sich im Interesse der Menschen jetzt endlich bewegen. Die Blockade der Vorschläge ist angesichts der großen Gesundheitsrisiken niemandem zu erklären.